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Fastenzeit und Ostern: meine Erinnerungen

Fastenzeit und Ostern: meine Erinnerungen
Erstellt von:
Heinrich Wiedel
Veröffentlicht am:
19.04.2025

Als Kinder haben wir in der Fastenzeit auf Süßigkeiten verzichtet. Sie wurden in einem Weckglas gesammelt. Eine Ausnahme machte unsere Mutter am Sonntag Laetare, dem 4. Fastensonntag. „Laetare“ heißt „Freue Dich“, deshalb sollten wir Kinder uns auch freuen und bekamen ein Stück Schokolade. 

Süßigkeiten im Weckglas.
Bildautor: pixabay.com / ulleo

Mein Vater hat in der Fastenzeit auf sein obligatorisches Gläschen Wein verzichtet, das er sonst am Abend trank. Ich muss dazu sagen, dass in der Pfalz Wein zu den Grundnahrungsmitteln gehört. Aschermittwoch und Karfreitag waren echte Fasttage. Da gab es nur das Nötigste zu essen, jedenfalls kein Fleisch. Karfreitag war ein stiller Tag. Wir hörten keine Musik, der Radioapparat blieb aus. Als Jugendlicher nahm mich mein Vater einmal über die Kartage mit zu Exerzitien im Herz-Jesu-Kloster in Neustadt an der Weinstrasse. Wir waren überrascht und enttäuscht, als wir am Karfreitag Abend mitbekamen, wie die teilnehmenden Priester zusammensaßen und Wein tranken.
Ich bin immer mehr der Meinung, Ostern kann nur der richtig erleben, der vorher die Kartage mit allen Sinnen begangen hat: Gründonnerstag und Karfreitag. Leider sind manche alten Bräuche inzwischen verloren gegangen. So sieht man zum Beispiel nur noch selten, dass in den Kirchen die Kreuze bis zum Karfreitag verhüllt werden. 
Am Gründonnerstag in der Abendmahlfeier noch einmal aufbrausender Jubel zum Gloria mit Glockengeläut und permanentem Schellen der Messdiener. Wenn das gesungene Lied viele Strophen hatte, schmerzten den Messdienern nachher die Handgelenke. Dann verstummte die Orgel, es wurde zur Wandlung auch nicht mehr geschellt, sondern die Messdiener benutzten Holzratschen, die geklappert wurden. Uns Kindern wurde erzählt, dass die Kirchen-
glocken an Gründonnerstag nach dem Gloria nach Rom fliegen würden und dort bis Ostern blieben. Manches Jahr haben wir sie an den Kirchenfenstern vorbeifliegen sehen.
Die Karfreitagsliturgie um 15.00 Uhr begann damit, dass sich der Priester im Mittelgang still auf den Boden in Richtung Altar legte, die Gemeinde kniete. Die Passionsgeschichte wurde vom Kirchenchor vorgetragen. Danach folgten die zehn gros-
sen Fürbitten, immer verbunden mit der Aufforderung an die Gläubigen: „Beuget die Knie… Erhebet euch!“ Dann die Kreuzverehrung: Ein Kreuz, das mit einem violetten Tuch bedeckt war, wurde enthüllt. Der Priester sang dreimal (jeder Ruf etwas höher) „Seht das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen“ oder „Ecce lignum crucis“. Die Gläubigen antworteten jeweils mit einer Kniebeuge und dem Ruf „kommt, lasset uns anbeten“ oder „Venite adoremus“.
Der Karsamstag war ebenfalls ein stiller Tag. In der Nacht gegen 23.00 Uhr war die Karsamstags-Liturgie. Die Zelebration der Feier wurde unserem Kaplan überlassen. Er durfte sich bewähren! Der Pfarrer musste sich wahrscheinlich auf das Hochamt und auf seine Predigt am nächsten Morgen vorbereiten. Inzwischen ist die Auferstehungsfeier zu einem wichtigen Bestandteil der Heiligen Tage geworden. Der Einzug der brennenden Osterkerze in die dunkle Kirche, der dreifache Ruf „Lumen Christi“ und das sich ausbreitende Kerzenlicht! Die Liturgie dieser Nacht ist so herrlich, kommt aber wirklich am besten zum Tragen, wenn man die Trauer des Karfreitags und Karsamstags mit allen Sinnen miterlebt hat.
Der Ostersonntag begann bei uns mit dem Hochamt. Der Kirchenchor, in dem meine Eltern mitsangen, verschönerte das Amt. In meiner (fast zehnjährigen) Messdienerzeit, habe ich hautnah die letzten Vorbereitungen in der Sakristei miterlebt. Die 25 Messdiener wuselten herum und suchten sich die passenden Chorgewänder aus. Unser Pfarrer Schädler musste meistens kurz vor dem Amt noch einmal das Hemd wechseln, er hatte es vor lauter Aufregung durchgeschwitzt. Die Sakristan-Schwester, des Pfarrers treue Seele, behielt die Ruhe, sie hatte alles vorbereitet, verteilte ab und zu Kopfnüsse, wenn die Messdiener zu wild durcheinander sprachen. Nach dem Hochamt gab es jedes Jahr vom Pfarrer Buchgeschenke für die Messdiener.
Bei uns zu Hause war inzwischen der Osterhase gewesen und hatte Eier und Schokoladen-Osterhasen versteckt. Wir freuten uns schon auf die Eiersuche. Es gab keine Spielsachen oder sonstige große Geschenke, wie das heutzutage so üblich geworden ist.  Auf eine solche Idee wäre niemand gekommen. Aber wir Kinder waren auch so glücklich, vielleicht glücklicher als viele heutige Kinder, die nicht mehr wissen, wohin mit ihren vielen Spielsachen. Am Ostermontag freute ich mich schon auf die Geschichte der Emmaus-Jünger. Sie ist heute noch – neben dem Weihnachtsevangelium – eine meiner Lieblingserzählungen aus dem Neuen Testament.
Beim Osterspaziergang mit der ganzen Familie durch die Felder machten sich unsere Eltern den Spaß, am Wegrand kleine Ostereier fallen zu lassen, die wir Kinder dann „zufällig“ fanden. Die größte Freude war, wenn wir einen richtigen (Oster)Hasen im Feld sahen.
 

Heinrich Wiedel
heiwiedel [at] gmail.com
 

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